Ich möchte auf meinem Blog eigentlich auf englisch schreiben, ganz einfach damit mehr Leute meine Gedanken lesen und mir darauf Feedback geben können. Jetzt habe ich bisher nur einen Eintrag geschrieben, da gibt es wohl noch keine festen Regeln.
Es ist mir ein großes Anliegen meinen TestBash-Erfahrungsbericht auf deutsch zu schreiben, denn es gibt schon sehr, sehr viele englische Berichte und in der englischsprachigen Testgemeinde ist die TestBash schon sehr bekannt.
Ich möchte deutschsprachigen Testern, die bisher noch nicht nach Konferenzen jenseits der Landesgrenzen suchen, zeigen was sie sich entgehen lassen. Vielleicht spielt dabei die Sprache eine Rolle, deshalb möchte ich die Einstiegshürde so niedrig wie möglich halten und schreibe diesen Eintrag hier auf deutsch.
Was ist die TestBash?
Die TestBash ist eine seit mehreren Jahren in Brighton ausgerichtete Konferenz von und für Software-Tester, dieses Jahr war sie am 10. und 11. März. Veranstaltet wird sie vom “Ministry of Testing”, das sich zur Aufgabe gemacht hat Testern die Möglichkeit zu geben sich weiterzuentwickeln und mit einander zu vernetzen. Das Ministry sammelt und aggregiert Blogs zum Thema Testing, bietet mit dem DoJo eine Plattform für Webinare, hostet Diskussionsforen und richtet Veranstaltungen aus, die prominenteste davon ist eben die TestBash.
Die TestBash ist mittlerweile so erfolgreich, dass sie in andere Städte exportiert wird: Es gab eine in New York, dieses Jahre werden noch TestBashs in Philadelphia und Manchester stattfinden und während ich das hier schreibe wird gerade auf Twitter nachgefragt ob eine TestBash in Schottland nicht eine gute Idee wäre.
Eine TestBash kann man sich ein bißchen vorstellen wie ein Sommerlager für Tester. Es gibt nicht nur den Konferenz-Tag, sondern vorher auch einen Tag an dem man Workshops buchen kann. Außerdem versucht das Ministry weitere Schulungen und Workshops für die Tage vor der TestBash zu organisieren oft zum Beispiel den Rapid Software Testing - Kurs von James Bach und / oder Michael Bolton. Damit nicht genug gibt es jeden Abend in einem der Pubs in Brighton ein getTogether oder einen Spieleabend, um Tester zusammenzubringen.
Was mach die TestBash besonders?
Eine Besonderheit im Programm sticht sofort ins Auge: Die TestBash ist eine Single-Track Konferenz, also alle Teilnehmer sehen dieselben Vorträge. So nimmt man den Teilnehmern zum einen die unbewusste Sorge immer gerade den interessantesten Vortrag zu verpassen und zum anderen sorgt man so auch dafür, dass sich jeder Teilnehmer mit jedem Teilnehmer was zu erzählen hat, um ein Gespräch beginnen zu können.
Doch was die TestBash am meisten ausmacht ist ihr Herz. Die Organisatoren kümmern sich in den Wochen vor der Konferenzen geradezu rührend um die Teilnehmer und versorgen einen mit wirklich allen Informationen, die man sich vorstellen kann.
Dazu gehört auch die wichtigste von allen TestBash-Regeln: Auf der TestBash ist niemand allein. Neulinge werden dazu ermuntert andere anzusprechen. Erfahrene TestBash-Besucher sollen einsame Tester aktiv in die Gruppe integrieren. Die zahlreichen Pub-Besuche helfen natürlich hier Hemmschwellen abzubauen.
Damit nicht genug ist auch die Konferenz darauf ausgelegten jungen oder schüchternen Test-Talenten im wahrsten Sinne des Wortes eine Bühne zu geben. Die letzte Stunde einer TestBash ist reserviert für die 99 Second Talks. Dabei darf jeder auf die Bühne gehen und 99 Sekunden über ein Thema reden, dass er gerne teilen möchte. Der Grundgedanke dabei ist es den Testern die Angst vorm Vortrag zu nehmen: 99 Sekunden sind nicht lang und zeigen, dass es gar nicht so schlimm ist. Viele heute renommierte Vortragende (Richard Bradshaw, Dan Billing, ...) haben mit einem 99 Seconds Talk angefangen.
Bei den großen Vorträgen waren insgesamt 4 Vorträge von denen ich sicher weiß, dass es der erste Vortrag vor Publikum für den Vortragenden war. Das ist eine außergewöhnlich hohe Quote und auch das ist Absicht. Den so genannten “First-Time-Speakern” soll die Möglichkeit gegeben werden vor einem freundlichen und wohl gesonnenen Publikum ihre ersten Sporen zu verdienen statt sie wegen mangelnder Erfahrung abzulehnen.
Was wurde auf der TestBash erzählt?
Nachdem ich nun so viele Worte über die TestBash als Veranstaltung verloren schulde ich natürlich noch eine Antwort: Wie ist die Konferenz denn nun inhaltlich?
Die Vortragsqualität war meiner Meinung nach im Schnitt sehr hoch, besonders Gefallen hat mir, dass hier Tester ihre Erfahrungen geteilt oder über Themen gesprochen haben die sie bewegt haben. Oft erlebt man es auf Konferenzen, dass die Vorträge einen hohen Werbecharakter haben, um Produkte oder Leistungen zu verkaufen. Das ist auf der TestBash erfreulicherweise nicht der Fall.
Auf ein paar der Vorträge möchte ich noch etwas detaillierter eingehen. Wer die Vorträge sehen möchte kann sich auf der Website des Ministry of Testing für das DoJo registrieren. Dann sind alle Vorträge und noch viele, viele weitere tolle Sachen als Video erhältlich.
- Testing or Hacking? Real Advice on Effective Security Testing Strategies – Dan Billing
Security Testing war nie meine beliebteste Testart, doch zu sehen mit welcher Leidenschaft Dan darüber berichtet macht mir sofort Lust damit anzufangen. Besonders hängen geblieben sind mir die Dark User Stories, die jede Software hat und nach denen man Ausschau halten sollte : “As a Hacker I can …"
- Test/QA a Gate Keeper’s Experience – Michael Wansley.
Michael Wansley hat einen Grammy für das Lied Thrift Shop im Schrank stehen UND ist Software Tester bei Microsoft. Michaels Bühnenpräsenz ist unfassbar und vermutlich gestählt von den großen Musikbühnen dieser Welt. Michael war einer der Tester für das berühmt-berüchtigte Windows Vista und hat davon erzählt wie er seine Aufgabe damals wahrgenommen hat, nämlich als Türsteher, der zu den schlimmsten Versionen der Software “Du kommst hier nicht rein” oder mehr “du gehst hier nicht raus” gesagt hat.
Sein Verständnis von Testing hat hinterher zur Kontroversen Diskussionen geführt und das nicht nur mit Teilnehmern vor Ort: Auf Twitter geriet er in einen interessant zu lesenden Austausch mit Michal Bolton (dem Tester, nicht dem Sänger).
- A Pairing Experiment – Katrina Clokie
Katrinas Vortrag war ein Erfahrungsbericht darüber wie sie Pairing in ihrem Projekt eingesetzt hat, um den Austausch zwischen Testern zu fördern. Oft gibt es in agilen Teams nur einen Tester und er hat nicht die Gelegenheit sich mit anderen Testern auszutauschen. Katrina hat deshalb gemeinsame Testsitzungen von Testern aus verschiedenen Teams angesetzt mit sehr großem Erfolg. Ein paar Pairing-Experimente habe ich seitdem selber in meinem Projekt gemacht: Tester mit Tester, Tester mit Entwickler oder Tester mit PO. Es ist bisher immer gewinnbringend für beide gewesen die Arbeitsweise des anderen aus der Nähe zu erleben. Manche Bugs konnten plötzlich zwischen Entwickler und Tester reproduzierbar gemacht werden an denen sich beide einzeln die Zähne ausgebissen haben.
- Accepting Ignorance – The Force of a Good Tester – Patrick Prill
Manchmal muss man bis nach England fahren, um Menschen kennen zu lernen, die keine 2000 m von einem entfernt täglich zur Arbeit gehen. Auf der TestBash hat Patrick seinen ersten Vortrag überhaupt gehalten und gemerkt hat man es nicht. Er war witzig, er war souverän und er wusste wovon er spricht. Patrick hat davon erzählt wie er nach fast 10 Jahren schematischem abfahren von Testplänen entdeckt hat wie viele Möglichkeiten des Testens es gibt und so seine Leidenschaft neu entdeckt. Er hat erzählt wie er seine Ignoranz im Sinne von Kenntnislosigkeit erkannt hat und wie er sie zu einem Antreiber gemacht hat ein besserer Tester zu werden. Natürlich indem er sich bemüht seine Kenntnisse auszubauen, aber auch indem er sich seiner Ignoranz situativ bewusst ist.
- Do Testers Need a Thick Skin? Or Should We Admit We’re Simply Human? – Nicola Sedgwick.
Der Vortag von Nicola war der persönlichste und bewegendste Vortrag des Tages. Sie hat von den vielen Dämonen erzählt, die sie als Testerin plagen: Die Kämpfe, die sie mit sich selbst ausfechtet (“Ein Fehler in Produktion? Wie konnte das passieren? Bin ich als Tester nichts wert?”) oder auch mit äußeren, organisatorischen Rahmenbedingungen. Nicola hat sehr bewegend davon erzählt wie nahe ihr alles gegangen ist und wie viel Kraft es sie gekostet hat. Schließlich hat sie für sich akzeptiert, dass sie nicht alle Kämpfe austragen muss. und, dass sie sich selbst als Mensch schützen darf. Sie hat mit uns nicht nur geteilt welche neuen Blickwinkel ihr das eröffnet hat (sie belegt Workshops zum Thema “Zusammenarbeiten mit Entwicklern”, belegen ihre Entwickler auch Workshops zum Thema “Zusammenarbeiten mit Testern”?) und welche Maßnahmen sie für sich erkannt hat, die ihr helfen neue Kraft zu schöpfen.
- 99 second Talk about his Card Game - Beren Van Daele
99 Sekunden können manchmal auch reichen für eine gute Geschichte. Beren hat von einem Erzählspiel in Form eines Kartenspiels berichtet, dass er gerade entwickelt und das Testern helfen soll über ihre tägliche Arbeit zu reflektieren und zu erzählen. Auf der TestBash hat er nach Testspielern gesucht. An dem Abend habe ich ihn leider nicht mehr erwischt, doch seitdem sind wir im regen Austausch: Er hat mir seine Karten zugeschickt, ich habe es mit Arbeitskollegen ausprobiert und wir haben seitenweise emails mit möglichen Spielregeln oder Einsatzzwecken hin- und her geschickt. Obwohl wir uns gar nicht kannten haben wir sofort gut mit einander arbeiten können und ohne die TestBash hätten wir uns vermutlich nie kennen gelernt.
Soweit meine Erfahrungen von meiner ersten TestBash. Ich kann nur jedem Tester empfehlen dorthin zu fahren. Selbst habe ich schon mein Ticket für Manchester im Herbst gebucht. Diesmal auch mit Open Space Diskussion.